WDVS-Fassaden (Wärmedämmverbundsystem*) hält nicht nur Wärme in den vier Wänden, manchmal (und immer öfter) auch Wasser. Hartnäckige Wasserflecken mit Schimmelpotenzial sind die Folge. Besonderes Merkmal von Undichtigkeiten an WDVS-Fassaden ist der Zeitversatz zwischen Bau und Erscheinung der Wasserschäden. Das erschwert die Ursachenfindung. Die Prüfung der Heizungs- und Abwasserrohre ergibt keine großen Erkenntnisse, der Leckageorter bescheinigt, dass alles dicht ist. Die Verzweiflung steigt mit jedem Regen weiter an. So viel wissen die betroffenen Hausbewohner allerdings: es muss regnen und windig sein, dann wird die Innenwand nass, und zwar nur die Wand, nicht die Decke! Die in Unzahl bestellten Dachdecker und Bautenschützer bringen auch keine griffigen Ideen zutage, um das Haus dicht zu bekommen. Langfristig dicht, nicht nur eine schnelle Aktion mit der Silikonkartusche, die von 12 bis Mittag hält. Bei den Eigentümern setzt ein Gefühl der Hilflosigkeit ein.
*Hier wird primär das WDVS aus extrudiertem Polystyrol-Hartschaum (EPS) behandelt
WDVS-Fassaden haben ihre eigene Wasserdynamik. Und nicht einmal bei gewöhnlichen Steinfassaden (oder auch Stehfalzdächern) sind die typischen Konstruktionsfehler, die gerne erst nach Ablauf der Gewährleistungsfrist auftreten, hinlänglich bekannt. Bauträger sieht man nach der Bauphase i.d.R. nicht wieder. Hier Ansprüche auf Nachbesserung geltend zu machen, ist kein kurzer Prozess; der kostet Geld und Nerven, vor allem Nerven. Und währenddessen bleibt das Haus nass.
Wasserschäden durch WDVS-Fassade
Auf das WDVS wird ein Putz aufgetragen, dieser erhält einen Anstrich. Diese Schichten mögen zu einem gewissen Grad wasserabweisend sein, allerdings nicht wasserdicht. Vertikaler Regen stellt für eine glatte WDVS-Fassade ohne Details kein Problem dar. Nun, in der Realität haben wir hier oben im Norden heftige Westwinde, die den Regen unermüdlich gegen Fassaden peitschten. Verhältnismäßig warme und regenreiche Winter wie jener in 2023/2024 bestehen überwiegend aus Südwestwinden, und diese zwingen westlich ausgerichtete Fassaden in die Knie, obwohl diese in den Jahren zuvor keine Anzeichen von Feuchtigkeitsproblemen zeigten. Man könnte sagen: Klimawandel bemerkt man an der nassen Fassade. Oder einfach: nicht jeder Winter ist gleich, Bedingungen schwanken.
Besonders leiden Fassaden mit alten oder für diese Anforderungen unzureichenden Anstrichen (z.B. wasserbasierte Silikatfarben) und/oder vielen Details wie Gesims, Fensterbänke, Stuck, Rollläden etc. Handelt es sich zudem um eine WDVS-Fassade, dann ist das Rezept für ein hydrophiles Eigenheim perfekt. Die Farbe bietet nur bedingt Dichtigkeit, der Stuck ist mineralisch und somit saugend. Die EPS-Dämmung besteht zu 98% aus Luft, eingeschlossen in unzähligen Zellen innerhalb der Polystyrolkugeln. Das verleiht EPS ein sehr geringes Gewicht und grundsätzlich eine geringe Wasseraufnahmefähigkeit. Aber: Dauerhafte Nässe wie an Westfassaden oder in Bodennähe (Spritzwasser) lässt Wasser irgendwann ins Material bzw. in die Zellen eindringen, und einmal drin kommt es nur widerwillig wieder heraus. Von da aus kann es sich über Durchdringungen im Mauerwerk wie Fallrohrschelle oder sonstige Befestigungen bis zur Innenwand vorarbeiten.
WDVS und Anbau
Darüber hinaus gibt es den Fall, dass eine WDVS-Fassade dem bösen Schlagregen standhält, dann aber kommt womöglich ein Wintergarten ins Spiel. Wie in jenem Fall, der an mich herangetragen wurde. Hier setzte man die Gewindestangen der Terrassenüberdachung durch die WDVS-Fassade ins eigentliche Mauerwerk. Als das Glaskonstrukt dann stand, dichtete der Erbauer den Anschluss zwischen Anbau und WDVS-Dämmung lediglich mit einer Silikonnaht** ab. Die Konsequenz war Wasser im Wohnzimmer. Hier der Grund: Regen schlug gegen die Fassade, die sich wiederum bis zu 2 Zentimeter tief mit Wasser vollsog. Das Wasser in der Fassade hinterlief die Silikonnaht, die das abfließende Wasser zudem staute und das Problem noch verstärkte. Das Wasser bahnte sich dann über die Gewindestangen seinen Weg ins Innere des Hauses. Der Wintergarten-Betrieb konnte das Problem aus eigener Kraft nicht lösen, musste also die Kunden bitten, jemanden zu finden, der den Anschluss an die WDVS-Fassade abdichten kann – am besten für die nächsten 20 Jahre. Und sie suchten. Bis sie schließlich auf mich stießen. Im Folgenden die Dokumentation meiner Maßnahme.
Hätte diese Maßnahme nicht zum Ziel geführt, hätte ich tiefer einschlitzen und die Abdichtung ggf. anders auftragen müssen. Jeder Fall ist individuell, nicht jede Lösung ist universell anwendbar; bei komplizierten Fällen sind manchmal mehrere Anläufe notwendig. Umso schöner, dass sich hier mit dem ersten Versuch die WDVS-Fassade abdichten ließ.
** Mehr zum Thema Wandanschluss gibt es in meinem entsprechenden Artikel.
WDVS und Gesims
Ein aktueller Fall, für den ich konsultiert wurde, ist ein Neubau in Hamburg mit einer WDVS-Fassade, an der ringsherum Gesims- oder Stuckleisten angeklebt wurden. Darüber Mauerabdeckbleche, von denen das Standwasser über die Fassade bzw. über die Stuckleisten läuft. Auch hier staut sich das Wasser an den optischen Verzierungen und sorgt schon ein Jahr nach Abschluss der Bauphase für massive Wasserschäden im Wohnraum. Auf Bauhandwerk.de erschien zu diesem Thema bereits ein aufschlussreicher Artikel von Dipl.-Ing. Joachim Schulz zur Problematik. Sobald ich die Beseitigung des Problems in der Praxis umsetzen konnte, lege ich auf diesem Blog meine Lösung dar.
Innenwand abdichten – LaGrand Handwerk GmbH
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