Ein Schornstein an einem Bremer Haus ist schon ein interessantes Bauteil. Dachdecker geben sich (idealerweise) größte Mühe, das Dach absolut fachgerecht zu sanieren. Keine Stelle darf Wasser ins Unterdach passieren lassen. Alles muss in die Regenrinne entwässert werden. Es kommen smarte (diffusionsoffene) Dachbahnen, eine Konterlattung und High-End Dachpfannen (Beton) oder Dachziegel (Ton) zum Einsatz, die natürlich geklammert und verschraubt werden (sollten), damit eine spätere Wartung oder Ursachensuche im Schadenfall umso aufwendiger wird. Zudem werden unzählige Dichtungsmassen angewendet, damit alles schön dicht wird. Am Ende ist das neue Dach drauf, alle sind stolz; der Kunde zahlt und glaubt, endlich ein sicheres Dach überm Kopf zu haben.
Schaut man aber genauer hin, fällt dem kritischen Betrachter am neuen Dach etwas Merkwürdiges auf. Das Dach ist komplett neu, aber der alte Schornstein ragt immer noch prächtig nackt in die Höhe wie zuvor. Auf die Verkleidung des Schornsteins hat entweder der Dachdecker oder der Kunde verzichtet. Entweder aus optischen oder finanziellen Gründen. Ein klassischer Fall von „am falschen Ende gespart“.
Den Schornstein im alten Zustand zu lassen, obwohl das Dach erneuert wurde, ist noch fragwürdiger, als würde man die Fassade mit WDVS dämmen (Wärmedämmverbundsystem – ja, das haben die wirklich so getauft), doch die 100 Jahre alte Haustür drin lassen.
Warum ist es fahrlässig, das Dach zu erneuern, ohne den alten Schornstein zu sanieren?
Weil ein alter Schornstein ein Wassermagnet ist, der sich vollsaugt wie ein Schwamm und das Wasser an jeder neuen Bleischürze vorbeischleust wie Viehtransporter rauchbaren Rollrasen aus Holland. Schließlich werden 9,5 von 10 Kappleisten am Schornstein mit Silikon abgedichtet. Das wiederum wird schon nach 2 Jahren porös und löst sich vom Schornstein ab. Das ist dann so als würde man annehmen, die 2 Flaschen Bier im Festzelt laufen langsamer bis zur Blase, weil man den Gürtel enger geschnallt hat. Man stolpert bestenfalls nicht über die eigene Hose, wenn man im halben Bewusstsein ein öffentliches Toilettenrohr sucht.